Unsere Quartiere im Wandel

Vom Ruinengelände zur modernen Wohnanlage: Unser Backsteinensemble auf dem Dulsberg

Klein und rot – im Bezirk Hamburg Nord liegt der wohl kleinste und mit den meisten Rotklinkerhäusern bebaute Stadtteil Hamburgs. In den Straßenzügen von Dulsberg dominieren drei- bis viergeschossige Mehrfamilienhäuser im Stil der 1920er Jahre. Etwa die Hälfte der 10.000 Wohnungen gehören der SAGA sowie Wohnungsbaugenossenschaften – in rund 700 Wohnungen sind unsere Schiffszimmerer-Mitglieder zu Hause. Dulsberg ist aufgrund der vielen kleinen Wohnungen sowie der zentrumsnahen Lage beliebt bei vielen Singles. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Stadtteil verändert und wir haben auch neuen Wohnraum für Familien geschaffen.

Neuer Wohnraum in der Stadt

Zwischen Barmbek-Nord und Barmbek-Süd liegt der Dulsberg. Noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein war dieses Gebiet ländlich geprägt. Die steigende Wohnungsnot in der dicht besiedelten Hansestadt bot jedoch Anlass, die Gegend als „Stadterweiterungsgebiet“ zu deklarieren und einen Bebauungsplan auszuarbeiten. Nachdem Fritz Schumacher 1909 das Amt des Baudirektors übernommen hatte, wurde dieser Plan im Sinne der Reformbauweise umgestaltet. Neuartige Gebäudetypen mit schmalen Baukörpern und begrenzter Höhe sollten die bis dahin übliche Schlitzbauweise ersetzen, ein breiter Grünzug in Ost-West-Richtung die enge Bebauung auflockern. Außerdem waren zusätzliche Grün- und Erholungsflächen zur Verbesserung der Wohnverhältnisse vorgesehen.

Ab 1919 entstanden auf dem Dulsberg zahlreiche Kleinwohnungsbauten nach den Plänen Schumachers. Schon früh galt die Siedlung neben der Jarrestadt als Musterbeispiel für das Neue Bauen der 1920er Jahre. Dabei war die Planung im Detail oft umstritten. Dies betraf etwa die Wohnanlage zwischen Lothringer Straße und Elsässer Straße, die in den frühen 1920er Jahren realisiert wurde. Eine Anregung Schumachers, anstelle von Einzelküchen zentrale Gemeinschaftsküchen zu bauen, konnte sich hier beispielsweise nicht durchsetzen.

In den 1930er Jahren wurde dieser städtische Baukomplex an die „Alte Leipziger“ Lebensversicherungsgesellschaft verkauft und 1943 durch Brandbomben vollständig zerstört. In Anbetracht des akuten Wohnungsmangels erschien ein zeitnaher Wiederaufbau nach Kriegsende dennoch aussichtsreich: Trotz verheerender Schäden war die bauliche Infrastruktur (Fundamente, Verkehrsführung, Versorgungsleitungen usw.) in Dulsberg in wesentlichen Teilen erhalten geblieben.

Entstehung unserer Wohnanlage

Ende der 1940er Jahre erwarben wir das weitläufige Ruinengelände zwischen Lothringer Straße und Elsässer Straße. Zunächst kamen die Wiederaufbauarbeiten, mit denen wir im April 1950 begannen, nur zögerlich voran. Zahlreiche Familien und Einzelpersonen, die in den Kellern der Ruinen Zuflucht gesucht hatten, mussten umquartiert werden. Dennoch gelang es binnen Jahresfrist, neun Bauzeilen mit insgesamt 556 Wohnungen fertigzustellen. Im Jahr 1951 konnten wir auch die Arbeiten an den gewerblichen Räumen und einer zehnten Zeile, die wir erst später erworben hatten, beenden. Insgesamt entstanden 654 Wohnungen, 15 gewerbliche Räume und 24 Garagen. Außerdem erhielt jedes Haus eine Waschküche. Als 1960 eine maschinelle Waschanlage die Einzelwaschküchen ersetzte, richteten wir an deren Stelle 20 Mansardenzimmer ein.

Von Gewerbeflächen zu Wohnraum für alle Menschen

Zur Abrundung unseres hiesigen Bestands erwarben wir 1965 drei weitere Häuser mit insgesamt 23 Wohnungen in der Weichselmünder Straße, die wir bald darauf modernisierten. 1977 bauten wir einen Laden zu zwei barrierearmen Wohnungen um – zur damaligen Zeit eine Besonderheit. Für den Bau von sogenannten „Spezialwohnungen für rollstuhlgebundene Behinderte“ erhielt die Schiffszimmerer-Genossenschaft den Senator-Neumann-Preis des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg.

Seit den frühen 1980er Jahren gestalteten wir die einzelnen Häuserzeilen nach und nach um und orientierten uns dabei an zeitgenössischen Wohnbedürfnissen. Dazu zählte die Überarbeitung der Grundrisse, im Zuge dessen zahlreiche kleine Wohnungen aufgelöst wurden. Die neu entstehenden, größeren Wohnungen erhielten Isolierglasfenster, Balkone sowie moderne Bäder und Küchen. Überdies bauten wir weitere Gewerbeflächen zu Wohnungen um. Es entstand ein Gemeinschaftsraum für unsere Mitglieder sowie Wohnraum für eine pädagogisch betreute Jugendwohngruppe.

Zum 40-jährigen Jubiläum des Wiederaufbaus 1991 schlossen wir die Arbeiten vorläufig ab: Aus vormals 337 kleinen Unterkünften waren 259 stattliche Wohnungen mit angepassten Grundrissen und zeitgemäßen Ausstattungsmerkmalen entstanden. Damit endete die finanzielle Förderung, weitere Umbauten konnten wir zunächst nicht mehr realisieren. Deshalb konzentrierten wir uns auf die Modernisierung der übrigen Häuser: Zwischen 1992 und 1996 erhielten sie Zugang zu Fernwärme. Wir bauten Isolierverglaste Fenster ein, installierten Türöffner- und Gegensprechanlagen, deckten Dächer neu ein und modernisierten die Treppenhäuser. Teils verbesserten wir auch den Küchen- und Sanitärbereich.

Durch den Ausbau der Dachgeschosse entstand in dieser Zeit zusätzlicher Wohnraum. Und schließlich griffen wir auch die Frage nach der Zusammenlegung von Wohneinheiten nochmals auf: 58 sehr kleine Wohnungen in der Elsässer Straße 8 bauten wir 1998 durch Neugestaltung der Grundrisse, teilweise über zwei Etagen, zu 27 familiengerechten Wohnungen um. Mit einem rauschenden Sommerfest bedankten wir uns bei den Dulsberger Mitgliedern für ihr Mitwirken, ihre Geduld und ihr Verständnis während der fast 15-jährigen Bauzeit.

Größere Baumaßnahmen sind in unserer denkmalgeschützten Wohnanlage seither ausgeblieben. Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum sollte die Anlage aber wieder im neuen-alten Glanz erstrahlen: Zwischen 2016 und 2018 erneuerten wir die Holzfenster in denkmalgerechter Optik. Außerdem erneuern wir seit einiger Zeit die Sielleitungen und machen die Wohnanlage damit fit für die nächsten hundert Jahre.

Und noch mehr gute Nachrichten

Zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2022 ist es uns in Absprache mit der Investitions- und Förderbank Hamburg gelungen, die öffentliche Förderung von 163 Wohnungen der Dulsberger Wohnanlage, die eigentlich Ende 2022 ausgelaufen wäre, um zehn Jahre zu verlängern. Die öffentliche Förderung sowie die Preis- und Belegungsbindung bleibt aufgrund dieser Bindungsverlängerung bis zum 31. Dezember 2032 bestehen, wodurch der Wohnraum für unsere Mitglieder bezahlbar bleibt und wir unserer sozialen Verantwortung gerecht werden.