Unsere Quartiere im Wandel
Die turbulente Geschichte des Heinrich-Groß-Hofs
Gotische Architektur, sehenswerte U-Bahn-Haltestellen mit verbindenden Viadukten, viel Grün und Wasser: Wie schon in unserem letzten Newsletter befinden wir uns wieder in Barmbek-Süd. Benannt nach dem Gründer und langjährigen Vorsitzenden unserer Genossenschaft finden Sie dort unsere denkmalgeschützte Wohnanlage „Heinrich-Groß-Hof“.
Heinrich Groß, geboren am 16. Januar 1848, übernahm 1875 im Alter von 27 Jahren die Leitung des gewerkschaftlichen Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerervereins. Wenige Monate später gründete er unsere Schiffszimmerer-Genossenschaft und leitete diese bis zu seinem Tod am 16. November 1914. Als die Schiffszimmerer im Jahr 1926 den Bau eines repräsentativen Großwohnblocks mit 113 Wohnungen, mehreren Läden und einer Kindertagesstätte in Angriff nahmen, erhielt dieser seinen Namen.
Auf eine glamouröse Einweihung folgte ein vermeintlicher Skandal
Zwei geschäftsführende Vorstandsmitglieder standen dem Vorwurf der Finanzmanipulation und Unterschlagung gegenüber: Sie hatten Mehrausgaben für den Neubau aufgebracht, ohne die Beträge vorher mit den Leitungsgremien abzusprechen. Ein Großteil der zusätzlichen Aufwendungen wurde von der Revision nicht anerkannt. Teils waren Vertragsarbeiten nochmals extra bezahlt worden. Von einer riesigen Korruptionsaffäre, wie zunächst in der Lokalpresse zu lesen war, konnte jedoch keine Rede sein. Die Entlassungen erfolgten vielmehr wegen „grober Geschäftsvernachlässigung“.
Zerstörungen und „Kellerscheine“ im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Heinrich-Groß-Hof größtenteils zerstört. Nur drei der insgesamt elf Häuser blieben bewohnt. Die sich darin befindenden 32 Wohnungen konnten wir in den ersten Nachkriegsjahren vollständig wiederherstellen. 1946 verteilte unsere Genossenschaft so genannte „Kellerscheine“ an Familien, die im Juli 1943 in den Kellern der übrigen Gebäude Zuflucht gesucht hatten. So konnten die Familien bis zum Wiederaufbau in den Behelfsunterkünften wohnen bleiben.
Im März 1949 begann der Wiederaufbau der übrigen teils bis zu 90 Prozent zerstörten Gebäude. Nach außen behielt der Heinrich-Groß-Hof seine alte Form. Im Inneren entstanden aufgrund der grassierenden Wohnungsnot neue Grundrisse. Auch die integrierte Kindertagesstätte, die nach 1933 von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt betrieben wurde, bauten wir wieder auf und vertrauten diese der städtischen Trägerschaft an. Zudem entstanden erneut mehrere Ladengeschäfte.
Modernisierungsmaßnahmen seit den 1980er Jahren
Die Ölpreiskrise 1973 beeinflusste geplante Modernisierungsmaßnahmen. Dank eines städtischen Modernisierungszuschusses gelang es, Elektrospeicherheizungen, Bäder, Herde, Fixthermen, Gemeinschaftsantennen und Isolierglasfenster einzubauen. Durch die Förderung wurde ein Anstieg der Nutzungsgebühren begrenzt. Die Durchführung der Maßnahmen war aufgrund des Gebäudezustands jedoch kompliziert.
Umbauarbeiten und Anpassungen des Ausstattungsstandards setzten wir in den 1980er Jahren fort. Teilweise unter großem Bauaufwand legten wir Wohnungen zusammen, verbesserten die Sanitärbereiche und bauten Elektro-Speicheröfen ein.
Weitere Modernisierungsmaßnahmen folgten um die Jahrhundertwende: Wir installierten im Heinrich-Groß-Hof eine moderne Fernwärme-Heizungsanlage und isolierten das Dach und die Kellerdecke. Wir tauschten einzelne Fenster aus und dichteten Haustüren zusätzlich ab.
Vor einiger Zeit nahmen wir uns die Fugennetze und das Fassadenmauerwerk vor und sanierten diese aufwendig. In diesem Zusammenhang erneuerten wir auch Loggien und Balkone, intergierten eine Komfortlüftung, sanierten die Treppenhäuser und bauten neue Fenster aus Holz in denkmalgerechter Optik und mit besonderem Schallschutz ein. Im Sinne des Artenschutzes errichteten wir für Sperlinge geeignete Unterkünfte an der Gebäudefassade.
Zudem stellten wir sicher, dass auch unsere Mitglieder weiterhin zu angemessenen Nutzungsgebühren in den 127 Wohnungen im Heinrich-Groß-Hof wohnen können: In den vergangenen Jahren konnten wir zahlreiche städtische Erbbau- und Wiederkaufsrechte ablösen. Im Jahr 2013 auch für den Heinrich-Groß-Hof, der damit in unserem genossenschaftlichen Eigentum verbleibt.