Unsere Quartiere im Wandel
Steilshoop: Erbe und Charme der Siebzigerjahre
Im Nordosten der Hansestadt liegt der Stadtteil Steilshoop, den fast 20.000 Hamburger ihr Zuhause nennen. Einst geprägt von Kleingärten, entstand im Norden des Stadtteils ab 1969 eine Großraumsiedlung mit über 6.000 Wohnungen. Das Vorhaben galt seinerzeit als Vorzeigeprojekt des sozialen Wohnungsbaus, an dem sich auch unsere Genossenschaft beteiligte. Zuletzt erfreut sich Steilshoop immer größerer Beliebtheit – gerade Familien schätzen den Stadtteil für seine Vielseitigkeit und die grüne Umgebung.
Der Stadtteil Steilshoop hat zwei unterschiedliche Gesichter. Es gibt den südlichen Teil mit seinem alten Gebäudebestand, zahlreichen Mehrfamilienhäusern und einem Gewerbegebiet. Dazu gehören auch der Appelhoffweiher und seine Grünflächen sowie die umliegenden Kleingartenanlagen, Parks und Spielplätze. Nördlich davon – getrennt durch die Steilshooper Allee – erstreckt sich eine gigantische Wohnsiedlung aus Plattenbauten. In den frühen 1970er Jahren entstand hier innerhalb kürzester Zeit dringend benötigter Wohnraum für 22.000 Menschen. Das damals populäre stadtplanerische Leitbild „Urbanität durch Dichte“ wurde dort erprobt und mit all seinen Vor- und Nachteilen umgesetzt.
Genossenschaften arbeiten zusammen
Auch wir beteiligten uns an diesem Vorhaben: Auf einem Gelände mit ehemaligen Behelfsheimen und Kleingärten sollten 6.400 neue Wohnungen gebaut werden. Dieses „Neu-Steilshoop“ umfasste zahlreiche Gebäudekomplexe, die nun jeweils in Ringform um begrünte Innenhöfe herum entstanden. Gemeinsam bildeten sie ein überdimensioniertes flaches „V“ auf einer Fläche von circa 1.500 mal 500 Metern. Für das Kernstück der Anlage – an der Stelle, an der die beiden Verbindungsachsen aufeinandertrafen – waren ein zentrales Einkaufszentrum sowie zwei „Halbringe“ vorgesehen. Für einen dieser Halbringe übernahmen wir gemeinsam mit der Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG und der HANSA Baugenossenschaft eG die Verantwortung.
Komplikationen am Bau
Die Federführung fiel unserer Genossenschaft zu. Wir begannen Mitte 1972 mit der Erstellung von 314 Wohnungen und einer doppelstöckigen Parkpalette. Erstmals ließen wir in jener Zeit nach der sogenannten „Großtafelbauweise“ bauen – heute weithin bekannt als „Plattenbau“. Anstelle der konventionellen Mauerarbeiten wurden für den Bau hauptsächlich Betonfertigteile verwendet. Die Verträge umfassten die gesamte Montage bis zur schlüsselfertigen Herstellung. Wiederholt kam es zu Komplikationen. Der Generalauftragnehmer ließ die notwendige Koordination vermissen. Fertigstellungstermine mussten wiederholt verschoben werden und die Qualität der handwerklichen Arbeiten ließ zu wünschen übrig. Immer wieder war der Einsatz unserer eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt. Schlussendlich meldete das beauftragte Unternehmen sogar Konkurs an. Langwierige juristische Auseinandersetzungen folgten. Erst danach konnten wir die Beseitigung der Mängel durch eine andere Firma in Auftrag geben.
Nach der Fertigstellung verkauften wir – wie vereinbart – zwei Drittel des Grundstücks und der Wohnungen an die beiden beteiligten Genossenschaften. Aber auch danach rissen die Sorgen nicht ab: Leerstand und der häufige Wechsel der Bewohnerinnen und Bewohner sorgten für Einnahmeausfälle. Die Lage besserte sich erst Mitte der 1980er Jahre. Damals beschloss der Hamburger Senat, die Belegungsbindungen aufzuheben und Mietsubventionen in voller Höhe weiterzuzahlen. Durch Ertragsverzicht, Senkung der Nutzungsgebühren und Mehrausgaben gelang es uns, die Nachfrage nach Wohnungen in Steilshoop zu steigern.
Es wird nie langweilig
Trotzdem hat sich Steilshoop nie zu dem „Musterstadtteil“ entwickelt, zu dem er zunächst erklärt worden war. Mittels städtebaulicher Sanierungen wurde in den 1990er Jahren versucht, den eintönigen Fassaden und ungestalteten Wohnumfeldern entgegenzusteuern. 2007 lief ein Förderprogramm des Senats zur „aktiven Stadtteilentwicklung“ an. Später startete die Initiative „Innovationsquartier Steilshoop“, um die Attraktivität des Stadtteils weiter zu erhöhen. Noch heute sind diese Themen aktuell. Im Sommer 2019 – 50 Jahre nach der Grundsteinlegung – haben verschiedene Stadtteilgremien die „Steilshooper Erklärung“ veröffentlicht. Darin werden ein Gesamtkonzept für die Quartiersentwicklung und ein Dialog auf Augenhöhe eingefordert. Städtische Nachverdichtungspläne werden kritisiert. Außerdem warten die Steilshooperinnen und Steilshooper seit Jahrzehnten auf eine Anbindung an das Schienennetz. Mit der geplanten U-Bahnlinie 5 wird sich das perspektivisch ändern. Der Bau hat im Oktober 2021 begonnen.
Steilshoop hat also durchaus seine Baustellen – im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Aber auch seinen besonderen Charme! Der nahegelegene Bramfelder See bietet vielfältige Erholungsflächen. Rund um die Wohnanlagen ist es in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich grüner geworden: Im Jahr 2016 wurde die Mittelachse des Gesamtkomplexes umgestaltet. Hier entstand ein großzügiger Boulevard mit parkähnlichem Charakter. Schon 2011 haben wir den Innenhof unserer Wohnanlage neu gestaltet. Unsere Mitglieder schätzen die hellen, günstigen und seit 2007 energetisch modernisierten Genossenschaftswohnungen vor Ort. Positiv sticht außerdem die Vernetzung im Stadtteil hervor. Dazu tragen die Gemeinschaftsräumlichkeiten – inklusive Sauna und Waschküche – in unserer Verwaltungseinheit bei. Steilshoop ist und bleibt ein quicklebendiges Viertel. Durch den steten Wandel wird es hier nie langweilig.