Unsere Quartiere im Wandel
Portugiesenviertel: Wohnen an der Waterkant
Nur wenige Gehminuten von den Landungsbrücken und vom Hamburger Hafen entfernt stoßen Einheimische und Touristen auf ein bunt gemischtes Hafendorf. Das so genannte Portugiesenviertel hat seinen Namen von den portugiesischen Einwanderern erhalten, die in den 1960er Jahren als Gastarbeiter nach Hamburg kamen und Wohngelegenheiten in der Nähe zu ihren Arbeitsplätzen im Hafen suchten. Das Viertel mit seinen kleinen Geschäften, Galerien, Restaurants und Cafés ist heute bei unseren Mitgliedern beliebt, die das quirlige Stadtleben lieben. Wir bieten hier insgesamt 50 Wohnungen an.
Im Jahr 1920 kauften die Schiffszimmerer in der Ditmar-Koel-Straße zwei direkt am Wasser, mit Aussicht auf den Hafen gelegene Häuser. Neben dreißig Wohneinheiten gab es Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss. Die Hausnummer 34 beherbergte in den 1920er Jahren neben einer kleinen Polizeistation und einer alteingesessenen Zigarrenhandlung ein Wettbüro, eine Bankfiliale, eine Milchhandlung und ein Geschäft für Speiseeis.
Die 1930er Jahre: Düstere Zeiten auch für manches Mitglied der Genossenschaft
Im Nachbarhaus Ditmar-Koel-Straße 32 etablierten sich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts eine Lederhandlung mit Schuhreparaturwerkstatt sowie ein Bekleidungsgeschäft für Seemannsausrüstungen. Diese beiden Geschäfte waren in den 1930er Jahren Schauplatz für eine düstere Episode aus der Geschichte unserer Genossenschaft. Die genossenschaftlichen Grundsätze des solidarischen Handelns wurden dabei schwer verletzt.
Seit 1933 war das Ledergeschäft vom Boykott jüdischer Betriebe betroffen. Der Inhaber des direkt anliegenden Bekleidungsladens war im Mai 1933 der NSDAP beigetreten und hinderte Kundinnen und Kunden seines Nachbarn nun am Besuch des Geschäfts. Zwar konnte sich das Ledergeschäft trotz Gewinneinbußen noch einige Zeit in der Ladenzeile halten, im März 1937 intervenierte der Nachbar jedoch bei der Genossenschaftsleitung, sodass der Inhaber des Ledergeschäfts seine Staatsangehörigkeit dort vorweisen musste. Nach den Statuten von 1929 durften nur Deutsche Mitglied der Genossenschaft werden. Der Inhaber des Ledergeschäfts besaß die polnische Staatsbürgerschaft, war der Genossenschaft aber schon vor der Einführung dieser Regelung beigetreten. Die Genossenschaft war nun gezwungen, ihr langjähriges Mitglied dennoch auszuschließen. Auch wenn das Mietverhältnis für Ladengeschäft und Wohnung bestehen blieb, zog der Inhaber – auch aufgrund der sich nun verändernden Mietkonditionen – bald aus und emigrierte mit seiner Familie nach New York.
Sein Nachbar übernahm die frei gewordenen Geschäftsräume. Mithilfe eines Durchbruchs vergrößerte er seinen eigenen Laden. Im Verlauf des Wiedergutmachungsverfahrens wurde ihm zur Last gelegt, seinerzeit wegen der Staatsbürgerschaft bei der Genossenschaftsleitung interveniert und das Ausschlussverfahren damit eingeleitet zu haben. Noch bis Mitte der 1960er Jahre blieb er jedoch mit seinem Geschäft in der Ladenzeile.
Wiederaufbau nach dem Krieg
Während des Zweiten Weltkriegs war insbesondere die Ditmar-Koel-Straße 32 schwer beschädigt worden. Schon kurz nach Kriegsende sollte das Haus abgerissen werden. Der Abbruch war bereits bis zum dritten Geschoss vorgenommen, als sich der Abtransport der Schuttmassen verzögerte. In dieser Zeit wurde klar, dass der bestehende Teil des Hauses erhalten bleiben konnte. Durch Unterteilung der vorhandenen Wohnungen gelang es außerdem, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
Mitte der 1950er Jahre wurden auch die letzten Kriegsschäden beseitigt. Gleichzeitig wurde die beengte Schlitzbauweise im hinteren Gebäudeteil aufgelockert: Das Haus wurde baulich umgestaltet und um zwei Stockwerke erhöht. Es entstanden zehn Wohnungen mit moderner Ausstattung. Beide Häuser erhielten eine einheitliche Fassade und waren nach den Umbauarbeiten kaum wiederzuerkennen. Nach und nach wurden die Wohnungen in den kommenden Jahrzehnten modernisiert. Anfang der 1980er Jahre erwarb unsere Genossenschaft auch das gegenüberliegende Haus mit der Nummer 19, das heute unter Denkmalschutz steht. Nur kurze Zeit später kauften wir in unmittelbarer Nachbarschaft zwei weitere Wohngebäude mit 17 Wohnungen und modernisierten sie mithilfe öffentlicher Mittel. Auch diese Bauten sind in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden. Die fünf Schiffszimmerer-Häuser in der Ditmar-Koel-Straße zählen damit allesamt zu den ältesten Bauwerken unseres Bestands.